Marina Deluca - 18. Juli 2021 - 5 Min. Lesezeit

DAS REPTIL IN DIR

Aktualisiert: 14. Nov. 2022

Warum kann Erotik so magisch sein? Warum lässt sie moralische Vorstellungen über Bord werfen? Warum lässt sie uns die Zeit vergessen? Warum lässt sie schier süchtig nach anderen Menschen machen?

Nach dem zweiten Weltkrieg hatte ein Arzt viele Waisenkinder zu untersuchen. Eine Gruppe von Säuglingen und Babys waren in einem amerikanischen Hospital, welches sauber, warm, hell und mit entsprechendem Pflegepersonal ausgestattet war versehen. Die Kinder ohne Eltern erhielten regelmäßig genügend gewärmte Milch und schliefen in eigenen Bettchen. Jedoch wurde dem Personal untersagt, die Babys zu trösten, zu tragen oder anderen Körperkontakt, außer die für die Körperhygiene notwendig waren, zu haben.

In einem Dorf das zerbombt wurde und kaum mehr Menschenwürdiges Leben möglich war, hatte es ebenfalls verwaiste Säuglinge. Die Dorfbewohner teilten sich die Betreuung der Kleinsten so gut sie unter den widrigen Umständen und des Wiederaufbaus der Häuser und Infrastruktur bewältigen konnten. Sie hatten weder fließendes Wasser und saubere Unterkünfte noch ausreichend Nahrung. Wegen der Kälte wärmten sie die Kinder direkt mit ihren Körpern und trugen sie stundenlang in Tragetüchern mit sich rum. Die Babys waren immer mit dabei, beim Sammeln von Essen, den Aufräumarbeiten und dem dürftigen Leben nach getaner Arbeit.

Der Arzt ging immer wieder beide Orte besuchen und untersuchte die Babys. Er stellte fest, dass die Kinder im kaputten Dorf, aber mit Gemeinschaftssinn und Körperkontakt sich normal entwickelten. Sie erlernten die motorischen und Sprachfähigkeiten, wie man es sich von Kindern wünscht. Sie hatten weder Luxus noch ihre eigenen Eltern. Doch sie waren im Dorf integriert und wurden geliebt.

Die Kinder im sauberen, aber anonymisieren Hospital hingegen, die den Luxus von Wärme, Sicherheit und pünktlicher Nahrung hatten, wurden die Babys krank und starben! Der Arzt stellte fest, auch wenn die Grundbedürfnisse von Nahrung, Körperhygiene, Sauberkeit und einem geschützten Ort zum Schlafen vorhanden waren, dass die Menschenkinder trotzdem wie Blumen ohne Wasser, verwelkten. Ohne körperlichen Kontakt oder Liebe ist es dem Menschen also nicht möglich zu existieren!


Cleveres Körpersystem
Wie oft wir uns selber berühren, insbesondere in Stresssituationen?! Beispielsweise, wenn man unvermittelt etwas gefragt wird und man sich erst orientieren muss, sich dabei am Kinn berührt oder daran reibt. Bei Interviews oder Prüfungen man sich öfters die Stirn reibt, sich an der Schläfe oder am Hinterkopf kratzt. Wenn man sich ärgert, dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlägt oder an die Stirn haut. Nach einer Präsentation und sei sie noch so kurz, man einen Schluck Wasser trinkt.

Unbemerkt sucht der Körper automatisch Kontakt zu sich selbst, in dem er entweder «Körperhygiene» (Körper anfassen, reiben, kratzen, Kleidung zurecht zupfen oder glattstreichen, Nagelhäutchen rum puhlt), oder «Nahrungsaufnahme» (Trinken, an die Lippen fassen, schwer schlucken, Zunge über Vorderzähne gleiten lässt) als oberste Priorität dem System befiehlt.

Dies sind meist kaum merkbare Handlungen und doch hilft es dem Menschen sich wieder zu zentrieren, zurück zu sich selbst zu kommen.

Die Haut ist eines der größten Organe des Menschen. Wenn wir den eignen Körperkontakt versuchen zu unterbinden, beispielsweise wenn man während eines Auftritts versucht, die Hände still zu halten oder bei einer ärztlichen Untersuchung es nicht gestattet ist, sich zu bewegen, zwickt und beißt es überall.

Die Natur hat es eingerichtet, dass die Wichtigen Dinge mehr Platz einnehmen. Ein Mund, aber zwei Augen. Es nutzt nichts, wenn wir zwei Münder hätten, aber die Nahrung kaum jagen/sammeln könnten, weil wir wegen des eingeschränkten Sichtfelds den Säbelzahntiger nicht angreifen sehen würden.

Die Haut hat eine stattliche Fläche unseres Körpers: ein Erwachsener hat rund eine Fläche von 1,8 m². Dass wir diese mit Kleidung überdecken, war von der Natur nicht vorherbestimmt.


Reptil
Zurück also zur Kernfrage, warum es den Menschen in einen Flow bringt, wenn wir uns berühren, küssen, Sex haben. Neben den sozialen Funktionen der Gruppenbindung, Kontrolle des Gesundheitssystems, Prüfung der Partnerwahl, und sich Zentrierens, hat der Körperkontakt auch die Fähigkeit den Menschen in höhere Sphären schweben zu lassen.

Das Reptilienhirn ("Nucleus paragigantocellularis") ist ein Teil, in dem das kontrollierte Wachbewusstsein sich langsam verabschiedet und eines der ältesten Areale im Kopf aktiv wird.

Wenn man die Zeit vergisst, weil man Berührungen aufsaugt, wenn man die Scham verliert, weil der Sexualpartner alles sehen darf, weil der innere Drang nach Vereinigung immer grösser wird, wenn das Alltagsbewusstsein sich ausschaltet und das Reptilienhirn sich meldet, dann ist man m Flow…

Der Ritt auf der sexuell-energetischen Welle ist intensiv und kaum mit etwas zu vergleichen, wenn der Kopf ausgeschaltet ist und das Animalische das Kommando übernimmt. Wenn es egal ist, ob man zerzaust ist, die Schminke verschmiert, der Bauch beim Sex wackelt, die Cellulite Zentimeter für Zentimeter sichtbar ist, wenn der Körper Laute von sich gibt, die mehr einem Tier ähneln als der eignen Stimme, wenn Körpersäfte ungehemmt fließen dürfen, wenn Osmose entsteht und die Zweisamkeit (oder mit mehreren Menschen zugleich) in einen erotischen Tanz, einer Osmose übergeht.

In diesen Zuständen des Bewusstseins, wo man alles fallen lässt und nur das Hier und Jetzt zählt, wo eine tiefe Verbundenheit, selbst ohne gegenseitige Liebe möglich ist, wo das Göttliche sich zeigt und in einem wirkt. Wenn man der Natur folgt und Mensch in Reinform ist. Wo man tut, wofür die Natur einen befähigt. Wo man dem Ursprung des Menschen nach geht.

Sex ist wichtig für einen Menschen. Auch bei Babys sind die Grundfunktionen der Genitalien bereits aktiv. Säuglings Junge haben öfters eine sichtbare Erektion, welche sie sogar zu einem Höhepunkt bringen können (ohne Ejakulat. Wurde beobachtet, wenn Baby in einer Wippe sich selbst unzählige Male schaukelt). Jedoch ist klar, dass Erwachsene bei dieser Betätigung keine Hand anlegen sollten, denn ein Verbieten oder Abbruch der vom Baby ausgeführten Handlung führt dazu, dass das Baby so lernt, dass das Gefühl der Erregung (das bei Kindern oft als «schönes oder kribbeliges Gefühl im Körper bezeichnet wird), als Negativ verankert wird.

Auch bei Menschen mit körperlichen oder Geisteigen Beeinträchtigungen ist offensichtlich, dass Sexualität und Körperkontakt wichtig sind.

Und Singles?!
Küssen kann man sich selbst nicht. Aber wertvolle Berührungen sind möglich.

Im Sexological Bodywork nennen wir dies «Orgasmic Yoga». Hat nichts mit Yoga zu tun, aber mit «sich annehmen», Zeit und Aufmerksamkeit.

Wenn ein Mensch sich die Zeit nimmt, sich am ganzen Körper und ohne Kopfkino selbst zu liebkosen, die Haut zu streicheln ohne zu werten, mit sich in Kontakt zu kommen ohne Leistung erbringen zu müssen oder auf einen Orgasmus hin zu arbeiten, dann ist eine Verbdingung zu sich selbst und mehr Harmonie möglich.

Sich dem eigenen Rhythmus hingeben, ohne in Sexgedanken abzudriften oder einzuschlafen. Ohne das 08/15, erst du dann ich Rollenspiele. Nur mit sich selbst beschäftigt sein...

Auch mit Partner oder Partnerin ist dies möglich. Der eine Part ist Zuschauer ohne zu animieren oder zu kommentieren. Nur als stiller Beobachter oder dieser sich selbst erfährt ohne Wettrennen, wer mehr oder intensivere Gefühle der Erregung erlebt.

Es gibt unzählige Möglichkeiten für Körperkontakt alleine oder zu zweit. Den Flow kannst du immer erleben, jedoch musst du bereit sein und etwas wagen.

Ich wünsche allen Lesern eine schöne Zeit mit sich oder dem Sexualpartner.

 

Herzlichst

Marina

 

                              

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