Marina Deluca - 8. Sept. 2021 - 5 Min. Lesezeit

DER EXHIBITIONIST, DER MICH ZUM VOYEUR MACHEN WOLLTE

Das Telefon piepst. Dass das hereinkommende Foto eines fremden Menschen, der seine Genitalien darstellt, ist für die Frauen der Moderne nichts Neues. Doch will ich hier nicht wie die meisten Berichterstatterinnen die Bilder der männlichen Genitalien als «pfui und bäh» abstempeln, sondern dem auf einen möglichen Grund gehen.

In den Medien wird gerne von Journalistinnen der Mann, der ungefragt sein Phallusfoto an eine Auserwählte gesimst hat, mit Schimpf und Schande bedeckt. Nun, dass die wenigsten Frauen im Alltag Freude an einem Penisfoto inklusive Rasurpickel und glänzender Eichel Freude haben, kann ich verstehen.

Es ist nicht gerade cool, wenn du im Laden in der Kassenschlange stehst, du dir Gedanken über das bevorstehende Meeting machst und dein Display unvermittelt ein Penisbild anzeigt. DU wirst aus dem Alltag in die sexuelle Lust des Absenders gerissen. Ob es dir gefällt oder nicht, wird nicht gefragt. Okay, auch ich hatte Bilder erhalten, die mich anmachten. Jedoch NICHT mitten am Tag und auch nicht von fremden Männern. Und nein, ein Tinder-Kontakt zählt nicht als «Bekannter».

Viele Frauen haben gelinde gesagt Mühe, mit dem männlichen Fortpflanzungs-Körperteil, dies höre ich in den Coachings immer wieder. Doch allermeistens haben die Frauen auch bei ihren eigenen Genitalien unliebsame Emotionen – und haben diese noch nie mit einem Spiegel (liebevoll) betrachtet!


Also, warum werden Fotos während des Wixens versendet? Was ist das Ziel und woher kommt die Lust auf das zeigen seiner Genitalien?!


Dass ein Exhibitionist, also ein Mensch der unvermittelt und ohne Einverständnis die Geschlechtsorgane in der Öffentlichkeit entblößt, ist strafbar. Nun, ist das Telefon privat oder Öffentlich?! Es ist meiner Meinung nach privat – aber es ist eine Art Verlängerung meiner Privatsphäre. Käme nun ein Mensch auf die Idee, sich unter meinen Balkon zu stellen und mir seinen Schniedel zu zeigen, ginge das klar unter sexuelle Belästigung, Bedrängung oder wie es in der juristischen Fachsprache heißen mag. Kurz: das will praktisch keine Frau.


Wenn wir aber ehrlich sind, dann gibt es auch mehr Frauen als gedacht, die in der sexuellen Erregung nicht abgeneigt sind von Fotos mit männlichen Genitalien. Es muss jedoch im Zeitpunkt, Umfang und gegenseitigem Einverständnis geschehen.

Hier drängen sich mir einige Fragen, aber auch Erkenntnisse auf:


Fragen

- senden homosexuelle Frauen anderen Frauen auch Fotos der äußeren Geschlechtsteile (ohne vorherige Einwilligung) zu?!


Erkenntnisse:
Warum bestehen Männer aller Altersklassen, unterschiedlichem Bildungsniveau, Herkunft oder finanziellem Stand beinahe alle darauf, Dick Pics zu versenden?! Wenn ein Mann einmal den Wunsch hat, Penisfotos zu senden, ist er von dieser Idee kaum mehr abzubringen. Irgend eine Frau wird ganz bestimmt ein aktuelles – oder ein Foto aus seinem Archiv (ja…) erhalten.

Wenn mir ein Mann sein Penisbild zusenden will (und nein, dies ist KEINE Aufforderung!!!), dann will er meistens meine Meinung zum Phallus oder mindestens ein Vagina-Bild zurück. Da kommen wir schon zur Erkenntnis Nummer zwei:

Reziprozität

Wie du mir, so ich dir.


Männer erhoffen sich oft, wenn sie eigene Bilder schicken, dass auch sie Fotos der nassen Intimzone (und am liebsten mit Sextoy, der masturbierenden Hand, dem Finger im Loch oder noch lieber ein live-Video) erhalten.

Alles davon habe ich schon gemacht.


Und meine Erfahrung daraus: es kann ein Kick sein ja, aber er ist so schnell vorbei wie der Höhepunkt, den der Mann deswegen hatte. Für die Frau ist die Sache danach gegessen. Morgen ist ein neuer Tag und eine Frau nimmt meines Wissens nicht das Handy immer wieder hervor, um sich mit dem Schwanzbild in wallende Stimmung zu bringen. Es war okay und nun vorbei.

Doch die Männer sind hier sehr vehement: «ich will mehr!»,


«noch eins! Biiitte!!»


«Warum hast du mir heute Morgen noch keins gesendet?!», «Videoooo!!!», «mach dich nass und schick es mir»… Die Liste der Aufforderungen könnte beinahe die Länge des ersten Harry Potter-Bandes toppen.

Dass man bekommen möchte, wenn man zuvor gegeben hat, ist in der Gesellschaft tief verankert. Warum aber sind dann Brüste im Web meist kostenlos und in einer immensen Anzahl zur Verfügung?! Hier geht es um Geld. Brüste = Kohle. Beim hetero Penis ist dies weniger der Fall. Manchmal ist es vielleicht auch wie eine Mutprobe aus der Schulzeit: ich zeig dir was geheimes und du mir. Dann sind wir auf Ewig Verbündete im Geiste.

Doch die Fuß-in-die-Tür-Taktik funktioniert mit den Dick Pics eher selten. Oder schreiben andere Frauen etwa nach dem erhalt eines Dödel-Bildes «jaaaa, gib ihn mir?!» Wenn sie gerade spitz ist vielleicht, doch ein Bild mitten am Tag und ohne vorherige Konversation irritiert eher.

Es ist für mich in etwa so, wie wenn ich ungefragt ein Katzenfoto sende: ich mag meine Katze, aber der Empfänger hat nicht dieselbe Bindung zum Tier wie ich. Mit dem "eins" ist es ähnlich (und ja, auch bei Eheleuten ist es oft so).


Warum aber schauen sich viele Menschen (heimlich!) doch gerne Genitalbilder an?! Weil es im Menschen verankert ist!

Voyeurismus

Wortbedeutung/Definition:
Psychologie: Sexualtrieb, bei dem Lust aus dem (heimlichen) Beobachten nackter Personen oder sexueller Handlungen gewonnen wird

In Urzeiten wo wir in Höhlen lebten, einfachen Nomadenzelten oder in Lehmhütten als Neandertaler: Sex wurde im Beisein der Angehörigen vollführt. Nun zumindest geht man davon aus, da es keine «Verrichtungsboxen» wie auf dem Zürcher Strich gab, noch hatten die wenigsten Menschen den Luxus von einem eigenen Elternschlafzimmer.

Dass Geschlechtsverkehr (heimliches und oft aber nicht immer lustvolles) Beobachten einhergehen ist eine alte Binsenweisheit. Beim Anblick dessen steigt der Puls, die Durchblutung erhöht sich, die Hirnaktivität verändert sich, die Pupillen werden weiter, die Körpertemperatur steigt und eine totale visuelle Fokussierung auf das Sexuelle ist schier nicht zu unterbrechen. Die einen angewidert, andere interessiert bis Erregt.

Die Menschen hatten nicht immer eine Sprache der Worte. Ganze Sippen hatten eigene Sprachen oder Dialekte. Wenn sich da Männlein und Weiblein kreuzten und nicht verbal kommunizieren konnten, war der Sehsinn umso wichtiger.

Ob ein Mensch attraktiv ist, wird unbewusst und sehr schnell vom Gehirn aufgenommen. Es gibt viele Gründe, warum uns visuelle Reize anmachen oder abstoßen. Doch sehen wir das voyeuristische Verhalten selbst bei Tieren. Die Natur ist clever: sie will die Artenvielfalt erhaltene und steuert so möglicherweise ein erhöhen der sexuellen Bereitschaft, wenn eine dritte Partei zwei anderen beim Kopulieren, Masturbieren zusieht oder die Fruchtbarkeit der Genitalien abzulesen vermag.

Männer folgen meiner Meinung mit ihren Penisfotos unbeabsichtigt einem ähnlichen Verhaltensmuster. Zudem spielt die Aufmerksamkeit und gewünschte Anerkennung der Dame des Begehrens wohl die wichtigste Rolle: er zeigt sein potentestes Körperglied und hofft so, von ihr angenommen (und somit nicht von der Sippe ausgestoßen) zu werden und seine Gene weitergeben zu können. Dass dies im Endeffekt in einem männlichen Höhepunkt, der sich zumeist sehr angenehm anfühlt, enden soll, ist ein zusätzlicher Motivator für den Mann, diese Handybilder zu versenden.

Auch wenn die Natur des Menschen sich hier vielleicht moderner Mittel bedient, um an den Ursprung ihrer Existenz bedient, mag vielleicht nach SciFi klingen. Doch hält es die Männer nicht davon ab, rege auf den «senden» Button am Handy zu drücken.

So oder so, lasst euch gesagt sein, liebe Männer: fragt die Frau ein Mal (nicht fünf Mal und auch nicht in Ein-Wort-SMS), ob sie ein Dick Pic von dir erhalten mag.

Akzeptier ein nein und mach ihr kein Druck, sie solle nun auch ein Foto senden. Wir sind nicht mehr im Sandkasten. Wenn du deine Schaufel teilen magst, mach es ohne ein direktes bald fast zwanghaftes Rückfordern der geleisteten (Foto)dienste.

                              

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