Marina Deluca - 17. Okt. 2021 - 6 Min. Lesezeit

WÄSCHEKLAMMER-SYNDROM

Aktualisiert: 27. Okt. 2021

Es belustigt und empört, dass in der Schweiz das Frauenstimmrecht formell erst 1971 gilt und noch mehr, dass es im letzten Kanton 1991 mit Appenzell Innerrhoden vollständig in der Schweiz umgesetzt wurde.


Druck
Doch manchmal dünkt es mich, dass Frauen sich nicht viel mehr erkämpf haben... Okay, sie haben Gratiseintritte in Discos und «Women only Sauna-Tage». Doch wie sieht es in der Sexualität aus?!

Da prangert gerne nach wie vor der Stempel der Frigiden auf ihren Stirnen. Was mich jedoch immer mehr ärgert ist, dass es immer heißt,

dass «Männer nur Sex wollen und Frauen ihre Beine zusammenpressen». Also Wäscheklammer-Beine-Syndrom. Sobald ein Mann in der Nähe ist, werden die Schenkel der Frau zusammengedrückt.


Auch ich wurde mehrmals beschimpft, dass ich meine damaligen Partner sexuell nicht mehr gerecht wurde.


Ich kenne den Druck, wenn man abends hundemüde ins Schlafzimmer geht, sich ins Bett sinken lässt, alle Gliedmaßen sich entspannen… Bis zu dem Moment, wo der Partner ins Bett kommt, an dich herankuschelt und eben nicht einschlafen möchte. Wenn der Partner seine Hüften gegen deine schmiegt. Wenn er seinen harten Penis gegen deinen Po stößt um dir seien Lust zu zeigen.

Du bist müde, willst schlafen. Du hast das Gefühl, seit Monaten ein Schlafmanko zu haben. Und du weißt, dass seit Monaten dein Partner zu wenig Sex hatte.

Du spürst wie seine Hand sich unter dein Nachthemd gräbt, er deine Brust hält. Dein Körper versteift sich. Sein Atem streift deinen Hals, als er mit der Hand über den Bauch zu deinen Genitalien fährt. Du atmest auf, als er beim Dreieck stoppt und innehält. Ist dieser Luftleere Moment, wo ohne Worte abgeklärt wird wie weiter. Du liegst wie erstarrt da.

Du hoffst, dass seine Hand wieder rauf zur Brust fährt. Also Kompromiss, dass du keinen Sex willst, er aber sich an deinem Körper aufgeilen mag.

Nun hast du zwei Möglichketen, du entspannst deine Schenkel, lässt sie weicher werden, lässt deine Beine auseinandergleiten, so dass er mit seinen gierigen Fingern deine Knospe massieren kann. Du machst es mehr aus Goodwill, aus schlechtem Gewissen, als aus Lust. Noch währen du mit dir haderst, graben sich die fremdgewordenen und doch so bekannten Zeige- und Mittelfinger zwischen deine Schamlippen.

«Scham» ist genau das was du empfindest. Du schämst dich dafür, dass du ihn nicht mehr so begehrst wie einst. Dass er betteln muss, seine Lust mit dir zu befriedigen. Doch für dich ist es kein «mit» dir und so wird es immer mehr ein «an» dir.

Er weiß wo deine Lustzonen sind und stimuliert diese gezielt. Du spürst wie die Lust kommt. Doch ist es eine kalte Lust. Eine Fremde. Sie ist zwar in deinem Körper, doch sie überrollt dich nicht einhüllend wie die Begierde die absolut freiwillig und gewollt ist. Diese Geilheit ist abgespaltener Teil von dir. Sie ist fremdgemacht. Erzwungen. Von außen.


Deine Gedanken kreisen um diese seltsamen Gefühle und Körperreaktionen in dir. Die Wut die in dir aufsteigt, weil dein eigener Partner dich für seine Befriedigung missbraucht. Für deinen Körper der vorher nicht heiß werden wollte und nun doch feucht wird, weil er deine Knöpfe drückt. Für die Ambivalenz, dass du hin und her gerissen bist und alles Kraft kostet. Dass deine Grenzen missachtet werden, selbst wenn du die beine vorher gelockert hast. Du fühlst doch dreckig, weil du seiner Geilheit zuliebe deine Muskulatur, aber nicht dich entspannt hast. Die Lust in deinen Genitalen ist nicht echt. Sie ist nicht deine. Es ist seine.

 

Sein angeregter Atem verkommt zu einem bullenartigen Schnaufen, als er sein Finger in deine Vagina stößt. Es ist wie ein Wall der in dich dringt. Unangenehm und doch beruhigend bekannt. Deine inneren Muskeln sind noch nicht geöffnet, doch durch die Feuchte deiner Schamlippen ist dein Partner so angeregt, dass er dich mit seinen Fingern anheizen will. Es ist… ätzend. Diese Finger in dir. Du willst schlafen. Er will deine Lust, deine Geilheit, deine Wollust. Du magst sie nicht geben und er giert danach…

 

Du atmest, um deinen Beckenboden zu lockern. Er spürt seinen Brustkorb, wie er sich auf und ab senkt. Es macht ihn geiler und er stößt unliebsam mit seiner Hand tiefer in deine Nässe. Dein Oberkörper verkrampft sich und krümmst doch etwas zusammen, presst deine Augen zu.

Er zieht die feuchten Finger aus dir und du atmest auf. Er zieht deine Schultern an sich, um möglichst nah bei dir zu sein. Küsst deinen Hals um euch zu verbinden. Du atmest auf. Spürst, dass du deinen Partner auch berühren willst, da sich nun wo keine gierigen Finger mehr in dir drin sind, langsam wieder entspannt.

Seine Hände gleiten über deinen Körper, die Küsse sind warm. Langsam kommt eine natürliche Wohligkeit in dir auf. Und dennoch ist die Wut in dir da. Er hat sich in dich gestoßen. Ohne dass du es wirklich wolltest. Doch hast du dies nur gemacht, weil ihr seid vier Monaten keinen Sex mehr hattet und er jeden Abend, wenn er sich zu dir legt, du genau weißt «er will». Aber gehen die Gedanken von «ich bin müde. Einfach nur müde.» in rasendem Tempo durch deinen ganzen Körper.


Wieder graben sich seine Hände in deine Mitte. Wieder reibt er deine Mitte. Du atmest um die Wut loszuwerden, um dich irgend wie mit ihm in Einklang mit ihm zu bringen.

Sein harter Penis stößt wie ein anklopfen an deinen Po. Du hasst diese Bewegung, die jeder Mann macht. «Klopf, klopf» um dann doch einfach die Tür aufzureißen und einzudringen. Und genauso fühlt es sich an.

Sein Penis der zwischen deine Schamlippen durchdringt, ist zwar angenehmer als die Finger. Doch seine Hand die deinen Nacken hält, als er tiefer in dich stößt zeigt dir, dass er dich heute benutzt. Er nimmt sich, was ihm zusteht. Was er will. So zumindest, fühlt es sich an. Damit es keine Vergewaltigung ist, hat er dich nassgerieben. Du hast ja deine Beine gelockert. Bist also willig… «Nein, verdammt noch mal!» schwirrt es in deinem Kopf. Und du bist sauer auf deinen Körper, dass er ein Kribbeln spürt. Das es ihm gefällt. Doch ist es immer noch eine übergestülpte Erregung.

Dein Körper rutscht bei jedem Stoß seiner Hüften nach vorne. Du klammerst dich an der Matratze fest und atmest. Atmest die Geilheit hinein, die Wut weg. Er hält dein Schultergelenk fest und gräbt sich mit der anderen Hand unter dein Becken um dich fester zu halten, so dass er seine Geilheit noch mehr an dir abreagieren kann.

Du spürst wie sein warmer Samen sich in dir ergießt. Du bist das Auffangbecken seiner sexuellen Gier. Sein Pool wo er den Druck der Lendengegend ablassen kann.


Schuld
Du fühlst dich schuldig. Dass du deinen Partner nicht wolltest. Bist beschämt, hast du ihn trotzdem machen lassen.

Was dich früher heiß machte ist zu einer Pflicht geworden. Und manchmal sogar in eine Polarität deiner selbst gerutscht. Doch geil sein und doch diese Abneigung…

Nicht nur Frauen geht es so. Auch Männer erleben, dass sie keine Lust haben und nicht wollen, wenn die Partnerin oder der Partner sein Glied stimulieren will.


Habe ich das auch gemacht, Menschen gegen ihren Willen versucht Sex zu erhaschen?!


Ich sinniere… Und ja, ich habe es vermutlich auch gemacht - als Frau beim Mann.

Die eine oder andere Situation kommt mir in den Sinn. Aber nicht weile es mich enorm befriedigte. Nein, sie kommen mir in Erinnerung, weil ich weiß, wie abscheulich sich dieses hin und her gerissen anfühlt. Wie unbefriedigend dieser Höhepunkt war, weil man weiß, dass das Gegenüber nicht wollte.

Man hatte es sich schöngeredet «Er wurde hart», doch dies ist eine lächerliche Ausrede, dass man nicht zugeben muss, sexuelle Gewalt jemanden angetan zu haben. Auch in der Beziehung ist es Gewalt. Doch wo fängt sie an?! Übertreibe ich?!

Nun, die Definition von «Sexueller Gewalt» ist

Nach Opferhilfegesetz, OHG Art. 2 Abs. 1: Um sexualisierte Gewalt handelt es sich, wenn an einer Person gegen ihren Willen eine sexuelle Handlung vorgenommen wird, welche sie unmittelbar in ihrer sexuellen, körperlichen und/oder psychischen Integrität beeinträchtigt. (…).


Nun, wo die sexuelle Gewalt in Beziehungen beginnt ist selbst für Juristen und Fachpersonen schwierig. Doch weiß ich aus eigener Erfahrung, dass sich hier so viele Gräben auftun, dass die Beziehung und jede beteiligte Person darunter leidet.


Warum wird nicht offen gesprochen?
Wird! Doch sprechen die beiden Menschen meist verschiedene Sprachen, wenn es um Bedürfnis-Anerkennung geht.


Warum wird nicht anders gehandelt?
Weil wir in alten Rollenverhalten verharren und unbewusst das Vorgelebte kopieren.

Würden wir in einem Indigo-Stamm irgendwo im Nirgendwo verpflanzt, so sähen wir, dass diese mit anderen Themen beschäftigt sind. Es wird anders vorgelebt.

Die Tabuisierung in unserer Gesellschaft ist hiernach nicht förderlich für eine gleichberechtigtes Sexleben auf Augenhöhe.


Was kann aber getan werden?!
Selbstreflexion, Analysen, Gespräche suchen. Austausch wirken lassen, neue Wege suchen. Bedürfnisse ernst nehmen und Grenzen setzten. Diese einhalten, ohne zu verletzen. Fort-& Rückschritte aufzeigen und an diesen weiterentwickeln. Unterstützung bei Fachpersonen wie Sexological Bodyworker oder Anderen suchen. Denn meist liegt das Problem tiefer, als «bloße» Unlust der einen Seite der Partnerschaft.

Was ist meine Erfahrung?!
Schweigen verschlimmert die Situation. Explodieren auch.

Ich stellte für mich fest, dass ich die Beziehungen in Frage stellte oder dass ich mir meiner Position in der Beziehung unsicher war (fühlte mich unterlegen und missbraucht, weil ich wusste, dass ich «auf der Abschussliste» war).

Ehrlichkeit – zum Gegenüber und allem voran, zu sich selbst. Keine Opferrolle innehaben. Verantwortung übernehmen und alte Zöpfe abschneiden. Tut weh. Ist unbequem. Ist notwendig, wenn man weiterkommen möchte.


Was ist deine Erfahrung, lieber Leser? Ich würde mich freuen, wenn du mir ein paar Zeilen da lässt.


Ich wünsche allen Paaren die Themen mit ungleicher Libido haben, dass sie einen passenden Weg finden. Zusammen, oder wenn notwendig, dass er in meine Praxis führt. Ich habe diese Themen aus beiden Blickwinkeln, selbst erlebt.

                              

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