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Von Mordanschlägen und Berufung

  • Autorenbild: Marina Deluca
    Marina Deluca
  • 11. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Nov.


Marina hinter zerbrochener Glasscheibe

«Marina, trägst du Männerhass in dir?!»


Diese Frage stellte mir mein Mentor vor fünf Jahren.

Reflexartig verneinte ich.


Doch ich wollte später ein guter Mentor werden, also blickte ich tiefer.


Nun, er hatte wohl nicht unrecht...

Und ich erkannte dabei, dass ich auch Frauen verachtete.



Es war kaum verwunderlich, hatten Männer die Frauen in meiner Familie auf brutalste Weise unterdrückt.


Meine weiblichen Vorfahren waren umgeben von Schlägern, Säufern, Psychopathen und leider auch von Pädophilen.

Und diese Frauen gaben ein Teilstück ihrer Wut, Ohnmacht und Härte an ihre Kinder weiter.


Ich hatte da wohl am meisten Glück:


Der eine Mörder kam nicht in die Wohnung und stand nur den ganzen Sonntag erfolglos vor der Tür.



Kein einziger Besucher kam, um meine Mutter oder mich nach der Geburt zu besuchen.

Als Frühchen im 6. Monat, also in der 26. Schwangerschaftswoche, mit totem Zwilling und versteifter Hüfte geboren, glaubte niemand daran, dass ich überleben würde. Und wenn, dnn nur mit Matsch im Kopf.


Mein Vater anerkannte mich auf dem Familienamt erst als seine Tochter, nachdem ich in der ersten Klasse meine Bestnote nach Hause brachte.

Nun, er war noch altmodisch eingestellt und dachte, ich müsste ja als Krüppel körperlich wie geistig behindert sein. (Kleiner Spoiler: Ich wandle nicht wie italienische Bambis auf High Heels, aber ich bin im Kopf und Körper ganz normal - wurde in diversen Tests in jahrelangen Studien untersucht und festgestellt 😉).

Na ja, sei’s ihm verziehen: Papa war ja „nur“ 37 Jahre älter als meine Mam.


Ja, siebenunddreissig Jahre.

Nicht Monate.


Und nein, ich war nicht das Ergebnis eines One Night Stands.



Klar, Therapeuten würden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie alles wüssten… Und sehen vermutlich diverse Auffälligkeiten wie das Stockholmsyndrom (was es offenbar gar nicht gibt, wie herausgefunden wurde).

Doch ich war immerhin von den wirklich schrecklichen Gräueltaten verschont geblieben,

die meine Mütter der Ahnenlinie erleben mussten:

spitalreif geschlagen zu werden, wüste Vergewaltigungen, Blossstellung in der Presse, Mordanschläge mit Dolch, Speer, Vergiftungsversuche oder cholerischem Partner, der eine eiserne Fleischmaschine nach einem warf.


Auch wurde ich nicht mehrere Wochen ohne Aussenkontakt in ein Zimmer ohne Aussenkontakt gesperrt, weil ich mit den Lippen leicht gelächelt hatte. Oder das ganze Wochenende über in der Werkstatt vergessen, ohne mich vom Hocker entfernen zu dürfen – weder für Toilettengänge noch um Hilfe zu holen. Ohne Wasser, ohne Essen, ohne dass überhaupt jemand Notiz von mir nahm.

Ja, ich erlebte auch Vergewaltigung. Aber dies nie in der Familie und nicht als Überfall auf der Strasse.

Schlimmeres als ich mussten andere vor mir durchmachen.



Nachdem ich Schritt für Schritt Männerhass und Frauenverachtung möglichst in mir auflöste (kleiner Spoiler: „Selbstliebe“ war – welch Wunder – das grundlegende Thema), stand immer noch die Frage im Raum:


Warum unterstütze ich Männer, ihre Würde zurückzubekommen, wo Frauen in meiner Familie doch systematisch misshandelt und teils sogar Mordanschläge überstehen mussten?

Am Ende führten wohl diese Themen unter anderem dazu, dass ich heute in einem der sensibelsten Bereiche auf Social Media unterwegs bin. Doch nicht alle bejubeln, dass ich Männern den Rücken stärke, Tabus öffentlich aufgreife und polarisierende Posts veröffentliche.

Ich wurde geblockt, mein Marketing zerstört und musste durch Shitstorm und Anfeindungen hindurch.

Mir wurde geraten, alles zu löschen, was mit Sexualität zu tun hat. Es beschäme Leser und vertreibe Kunden. Das wolle man öffentlich nicht so lesen...


Aha. Krieg, Kindervergewaltigung und narzisstische Machthaber sind in der Zeitung zu sehen und in Ordnung. Aber ehrliche Worte über das, was in Partnerschaften geschieht und in Männern an Vertrauen und Liebe zerstört ist, sind nicht okay. Das Ursprünglichste der Menschen – und der Grund, warum es sie überhaupt noch gibt: die Sexualität.


Doch wer kann den Schmerz der Männer gebrochener Würde besser verstehenals jemand, der ihn selbst erlebt hat?

Das eine Thema führte mich zum sogenannten „kernerotischen Thema der Sexualität“. Oder einfach gesagt: meinem sexuellen Beuteschema.


Männer an Machtpositionen waren Gefahr und anziehend zugleich.

Und siehe da: wer waren meine Kunden?

Exakt:

Männer an Machtpositionen.


Aber diese waren oftmals an ihrer Achillesferse verwundet. Je nach Fall war es

  • die gefährdete Reputation,

  • mal die zerrüttete Ehe,

  • mal die nicht erfüllte Sexualität.


Aber immer ging es um Würde.

Mein Interesse gilt nie privater Natur. Dass ich mit diesen Männern intim werden würde ist prinzipiell nicht möglich.

Es sind meine Kunden.



Durch die Situation, in der sie sind – dass sie entweder aus einer misslichen Lage herauskommen wollen oder aber ihre Position vorausschauend stärken – ermöglichte es mir zu erleben, dass:


A) Männer gibt, die für eine Frau nicht gefährlich sind,


B) gestandene Männer mir ihre Verletzlichkeit zeigen


C) und sie mir enorm schnell und enorm tief vertrauen.


Vielleicht war mein ganzes Leben eine Reise der Heilung vorgängiger toxischer Verhaltensmuster meiner Familiengeschichte.


  • Das Militär half mir, Männer unter ihresgleichen kennenzulernen.

  • Die Fotografie half mir, Menschen in einem anderen Licht zu sehen.

  • Face Profiling unterstützte mich, schnell zu erkennen, wer welche Stärken, welche Schwächen und welche Grundängste hat.

  • Und die Ausbildungen in Sexualologie lehrten mich zu erleben, dass jeder Mensch die gleichen Bedürfnisse hat:


Gesehen zu werden.



Ich danke im Stillen all meinen Vorfahren,

dass sie ermöglichten, dass ich heute vielleicht etwas dazu beitragen kann, dass die Untaten an die Frauen der Vergangenheit energetisch heilen kann. Und die heute in einem Wirrwarr von Identitätsfindung versinkenden Männer unterstützen kann.

Denn ich glaube, es gibt sehr wohl „toxische Männer“, genauso wie es „toxische Weiblichkeit“ gibt.

Vielleicht hat das ganze System „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ insgesamt verzerrt.

Und das ist wohl einer der Gründe, warum wir in der „zivilisierten“ Welt sehr viel mehr Gräueltaten in psychischer oder physischer Form erleben, als es möglicherweise Naturvölker tun.

Ob dem wirklich so ist, müssten wohl Ethnologe bzw. Kulturanthropologe beantworten.


Heute habe ich meine Berufung in dem gefunden, was früher einst zu viel Zerstörung, Leid und abscheulichen Schmerzen geführt hatte:

Ich darf Menschen begleiten, ihre Würde zu wahren.

Und dies in zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Mann und Frau.


Und immer dann, wenn Kunden mit mir Kontakt stehen, sehe ich nicht ihren Anzug, ihren Porscheschlüssel oder ihre Karriere.


Ich sehe einen Menschen mit viel Verantwortung, Druck und Mut.

Denn hinzustehen und zu sagen: «Marina, ich brauch deinen Rat.» braucht mehr Eier, als jeder Schlag, den Männer meiner Familie zugefügt haben.




Ja, meine Familie und ich leben manchmal wirklich ein Leben wie in einem Bond-Streifen. Nach aussen hin nicht sichtbar, doch nicht jeder kann einen Scherbenhaufen hinterlassen wie Bond 😅. Wer weiss, vielleicht ergibt sich mal ein Buch daraus.



Bildhinweis: Bild ausnahmsweise mit digitalen Ressourcen erstellt.




ree











 
 
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